Filme von Robert Breer

im STADTKINO BASEL (Klostergasse 5)

Form Phases IV, 1954, Farbe, ohne Ton, 3’30’’
Recreation, 1956-57, Farbe, ohne Ton, 2’
A Man and his Dog Out for Air, 1957, s/w, optischer Ton, 3’
Pat’s Birthday, 1962, s/w, Ton, 13’
66, 1966, Farbe, Ton, 6’10’’
69, 1968, Farbe, optischer Ton, 5’
Gulls and Buoys, 1972, Farbe, Ton, 7’05’’
Bang, 1986, Farbe, optischer Ton, 8’
What Goes Up, 2003, Farbe, Tonspur von Jacob Burkhardt, 4’46’’

Alle Filme 16mm transferiert auf DVD. Courtesy der Künstler und gb agency, Paris.

Mit einer Einleitung von Yann Beauvais, Filmemacher, Kurator (Paris) und Begründer des Experimentalfilmverleihs „Light Cone“.
In englischer Sprache.

Anlässlich der Gruppenausstellung POOR THING zeigt die Kunsthalle Basel im Stadtkino ein Programm mit Kurzfilmen des amerikanischen Künstlers Robert Breer (*1926). Breer arbeitet seit den 1950er Jahren mit dem Medium Film und entwickelte dabei eine experimentelle Form des Animationsfilms, in welcher sich abstrakte Formen seiner Bilder mit Zeichnungen, Collagen und Fotografien in schnellen Bildsequenzen abwechseln.

Das Programm umfasst ausgewählte Filme Robert Breers von 1954 bis 2003 und wird auf deren künstlerischen Zusammenhang mit seinen abstrakten, mit Motoren bewegten Skulpturen, den Floats (dt. gleitende, treibende Teile, „Flosse“) fokussieren, die in der Ausstellung POOR THING zu sehen sind.

ROBERT BREER
Der amerikanische Künstler Robert Breer beschäftigt sich seit den 1950er Jahren mit den Medien Malerei, Film und Skulptur. Seine künstlerische Karriere begann er als Maler um 1953 in Paris, wo er sich mit der konkreten, neo-plastizistischen Malerei auseinandersetzte. Breer entwickelte für seine Bilder ein persönliches Vokabular geometrischer Formen, die auf der Bildfläche gegeneinander stiessen und sich überschnitten. Der Künstler folgte in seinen frühen Bildern so nicht einer strengen geometrischen Abstraktion, sie waren weder statische noch pulsierende Kompositionen, sondern zeigten vielmehr Zustände einer zum Stillstand gebrachten Bewegung. Sein Interesse an der Verbindung von Form und Bewegung führten Breer etwa zeitgleich zum zeitbasierten Medium des Films: Er begann animierte Filme wie Form Phases IV, 1954, zu entwickeln, die mit einer experimentellen, selbst erfundenen Technik entstanden. Projektionen von Diabildern, in die der Künstler einzelne Formen schnitt, wurden mit einer 16mm Kamera einzeln abgefilmt. In der Aneinanderreihung der Einzelbilder im Film entstanden comicstrip-artige, schnell wechselnde Abläufe abstrakter Formen. Später kombinierte Breer diese mit Zeichnungen, Collagen und Fotografien, welche sich in raschen Sequenzen wiederholten. Die Wiederholungen von Einzelbildern wirken jedoch nicht monoton, da das Auge durch präzise rhythmische Abfolgen fortwährend neue Bilder entdeckt oder ältere wieder erkennt. Breers Filme zeigen so assoziative Erzählstrategien in fragmentierten und subjektiv zusammengebrachten Bildern. In den komplexen, aber auch humorvollen Beziehungen, welche die Bilder miteinander eingehen, verbindet sich Abstraktion und Figuration mit alltäglichen Gegenständen und Handlungen sowie Beobachtungen der Gesellschaft. Nach seiner Rückkehr nach Amerika entwickelte Breer Mitte der 1960er Jahre dreidimensionale, animierte Skulpturen, die Floats (dt. gleitende Teile, „Treibgut“), die seine intensiven Untersuchungen mit der psychologischen und physiologischen Wahrnehmung von bewegten Formen in realer Zeit im Raum weiterführten. 1959 war Breer in Paris neben anderen Künstlern mit Jean Arp und Jean Tinguely in Kontakt gekommen. Die Arbeitsweisen beider Künstler beeinflussten unter anderem Breers neue Arbeiten der bewegten, animierten Objekte, die meist aus einfachem Styropor geschnittene geometrische Formen umfassen. Mit nicht sichtbaren Motoren bewegt, schaffen sie in ihrer freien Bewegung veränderte räumliche und körperliche Bezüge zum Raum. Es entstehen aber keine spektakulären Situationen, da die Floats langsam und nicht direkt wahrnehmbar ihre Position wechseln und damit subtil das vormals sichere Terrain des Ausstellungsraums verändern. Die Objekte offenbaren in ihrem Gleiten und ihren oft bescheidenen Grössen auch anthropomorphe Züge, die in der direkten Begegnung emotionale Reaktionen beim Betrachter auslösen können. Im Gegensatz zu den Skulpturen der Minimal Art der 1960er Jahre, erzeugen Breers Objekte keine dominierenden Verhältnisse zum Raum und Betrachter, sondern eröffnen spielerisch unvorhergesehene Situationen und abstrakte Kompositionen. Sie formulieren so die Betrachtereinbeziehung, die seit der Minimal Art zu einem wichtigen Thema geworden ist, in autonomer Weise um: Als zwecklose aber gleichzeitig heroische Dinge im Ausstellungsraum verändern sie das gewohnte Raum- und Zeitgefühl und fordern eine ungewohnt intensive Aufmerksamkeit vom Betrachter.

Simone Neuenschwander