Regionale 6

Regionale 6

Die Kunsthalle Basel zeigt Werke von 25 KünstlerInnen. Die diesjährige Ausstellung der Regionale in der Kunsthalle Basel ist eine Moment- und Bestandesaufnahme, die einen Teil des regionalen Kunstschaffens in und um Basel dokumentiert. Die Jury (Adam Szymczyk, Direktor, Kunsthalle Basel, Krassimira Drenska, Künstlerin und Kommissionsmitglied des Basler Kunstvereins und Stefan Meier, Assistenz, Kunsthalle Basel) haben dabei in ihrer Auswahl ein Augenmerk auf die individuelle Prägnanz der eingegebenen Werke gelegt und sich nicht auf ein bestimmtes Thema oder Tendenzen beschränkt. In der Ausstellung werden die Arbeiten so präsentiert, dass sie miteinander inhaltliche wie auch räumliche Verbindungen eingehen können. Im ersten grossen Saal sind Arbeiten von Lex Vögtli, Walter Derungs, Camilla Schuler, Brigitte Gierlich, Karin Hueber, Nele Stecher, Ursula Sprecher, Esther Ernst und Martin Heldstab zu sehen, die alle das Motiv der Landschaft, ihrem Mobiliar, ihren Bewohnern und ihre mögliche Repräsentation umkreisen.
Im anschliessenden Raum werden im Gegensatz dazu Bezüge zu inneren Räumen aufgenommen, sei es mit der Toninstallation von Hildegard Spielhofer, welche die persönlichen Zugänge von KünstlerInnen und KuratorInnen zur Kunst dokumentiert, den Zeichnungen und Fotografien von Cécile Hummel, die die Wahrnehmung von Bildern auf Reisen thematisieren oder die Öl- und Acrylbilder von Anita Weis, die sich mit der visuellen Wirkung verschiedener Materialitäten beschäftigen. Karin Vidensky und Gabriella Gerosa bespielen den Projektraum mit Licht- und Schattenbildern: Während Vidensky mit dem Medium Licht arbeitet, reflektiert Gerosa mit ihren Videoprojektionen im übertragenen Sinne die Schattenseiten der menschlichen Seele. Philippe Siscaro, Andreas Frick, Sandra Eades und Sandra Rau sind im Saal 4 vertreten: ihre Arbeiten zeigen den freien Umgang mit verschiedenen Medien wie Textilien, Möbeln, Zeichnung und Fotografie. Im letzen Saal sind die Arbeiten von Corina Bezzola, Matthias Frey, Ruth Buck, Marga Ebner, Colette Couleau, Verena Thürkauf und Maria Magdalena Z’Graggen ausgestellt, die sich explizit mit abstrakten Formensprachen, Motiven und Zeichen auseinandersetzen.

Saal 1

Die kleinformatigen, gerahmten Druckgrafiken von Lex Vögtli (*1972) werden in einer präzisen Anordnung von der Künstlerin selbst arrangiert, so dass narrative Zusammenhänge zwischen ihnen entstehen können. Die Bildmotive zeigen neben ländlichen Motiven, wie Strohballen oder Silberdistel, Objektensembles, die oftmals ornamentale Musterungen aufweisen. Durch die verschiedenen Drucktechniken erhalten die Sujets eine stark zeichenhafte Aufladung: In ihren spielerischen Uminterpretierungen und überraschenden Transformationen bekommen die alltäglichen Objekte oftmals eine groteske oder beinahe tragische Dimension.

Walter Derungs (1970) zeigt sechs Fotografien aus der Serie *Fremantle Prison von 2005, die während seines halbjährigen Aufenthaltes in Fremantle, Australien entstanden sind. Derungs ist fasziniert von verlassenen Orten und bildet diese konsequent menschenleer ab, gleichzeitig sind jedoch stets die Spuren der Bewohner zu erkennen. Besonders deutlich wird dies in den Bildern von Innenräumen und Aussenansichten des ehemaligen Fremantle Prison. Derungs sucht die ästhetischen Qualitäten dieser Räume im Gefängnis, wie Kapelle, Kino und Hinrichtungszelle – die einzig gebaut zum Zweck Menschen einzusperren und von der Gesellschaft zu isolieren – unabhängig von ihrer eigentlichen Bestimmung einzufangen. Dabei bleibt der Bildausschnitt möglichst neutral und zeigt die Interieurs und Fassaden frontal und symmetrisch gegliedert. Die energiegeladene Atmosphäre der Räume bleibt jedoch trotz dieser Distanz sicht- und spürbar.

In der kleinteiligen Installation von Camilla Schuler (1971) und Brigitte Gierlich (1968) werden in Leuchtkästen Landschaftsfotografien, welche die Künstlerinnen auf ihren Reisen aufgenommen haben, mit bekannten Piktogrammen von Strassen- und Hinweisschildern belebt. Die ausgeschnittenen Figuren und Zeichen von Schildern aus dem Alltag legen eine zweite narrative Ebene über die menschenleeren Motive, laden sie mit neuen Bedeutungen aus und verbinden die Landschaften miteinander. Durch das zufällige serielle Aufblinken erhalten die Kästchen selbst die Wirkung von Leuchtschildern und werden so zu eigenen Zeichen, die neue Abfolgen von möglichen Geschichten präsentieren.

Die Raumarbeit Ohne Titel, 2005 von Karin Hueber (*1977) geht von einem vorgefunden, zweidimensionalen Landschaftsmotiv aus, welches in mehreren Schritten zerlegt und in Form einer räumlichen Installation neu kombiniert wird. Dabei geschieht eine Reduzierung der einzelnen Elemente: Eine Leuchtstoffröhre wird zum Horizont, und der mit organischen Formen ausgeschnittene Rand der vorderen Spanplatte deutet Gebüsch oder Laub an. In der räumlichen Staffelung der verschiedenen Holztafeln setzt sich dieser Abstraktionsprozess der Formen- und Materialsprache konsequent fort.

Nele Stecher (1970) kombiniert in ihrer Wandinstallation *Family Portrait, 2005 Anekdoten aus ihrer Familiengeschichte mit realen Fotografien, sowie mit Fotografien, in welchen die Künstlerin eben diese nachstellt. Die dazugehörigen Texte beschreiben auf eine sehr humorvolle Art, den Prozess des Erwachsenwerdens. Indem die Künstlerin die privaten Familienbilder und -konstellationen wiederholt und dabei nicht nur die eigene Position, sondern auch die ihrer Eltern einnimmt, reflektiert sie die Erfahrungen und den Wunsch einem Idealbild zu entsprechen. Die Orientierung an einem Idealbild – sei es das eigene oder das der Eltern – machen die Installation von Stecher höchst persönlich und dennoch, unabhängig davon, ob die Geschichten wahr oder fiktional sind, durchlebt haben wir alle schon Ähnliches.

Ursula Sprecher (1970) lotet mit ihren Serien die Bedingungen des Mediums Fotografie aus. In *Erinnerungsversuche 1-7, 2005 ist eine Annäherung der Fotografie an die Möglichkeiten der Malerei. In den extrem unscharf aufgenommenen Fotografien werden malerische Übergänge sichtbar, unscharfe Umrisse zerfliessen in weiche Farbverläufe und einzig allein der Abstand zum Bild bestimmt, ob abstrakte oder figurative Elemente gelesen werden können.

Das ABC des Theaters, 2004 nennt Esther Ernst (*1977) ihre Installation mit einem Wandanstrich aus einem Kaffee- und Tee-Gemisch und mit 27 Fotografien, die Übungsblätter aus der Primarschule zeigen. Bei den Blättern handelt es sich um abfotografieren Zeichnungen, welche Ernst selbst gefertigt hat. Exakt sind Schulübungsblätter nachgeahmt, deren Realitätsanspruch mit Spuren, wie Flecken, Schmierereien und Korrekturen noch gesteigert wird. Die gerahmten Blätter täuschen ihre Echtheit doppelt im Medium der Fotografie vor und werden so zum einem „Fake des Fakes“. Eine ähnliche Wirkung hat die gesamte Situation, in der sie ausgestellt werden: Die Installation zeigt mit der vergilbten, verwitterten Patina und den Abdrücken von abwesenden Bildern an den Wänden, eine atmosphärisch aufgeladene Kulisse. Die Künstlerin bedient sich in ihrer Raumarbeit den Strategien des Theaters: diese werden aber nicht nur imitiert, sondern gleichzeitig offen- und blossgelegt.

Die Arbeit Hör de höga furor susa von Martin Heldstab (*1971) entstand 2003: Das kahle Fichtentännlein, geschmückt mit Fransen aus Kunstleder, steht fragil im Ausstellungsraum. Die Lederfransen, eines der Elemente aus der populären Kultur, ersetzen die Zweige und Nadeln, welche die Tanne bereits verloren hat. Sie verleihen dem Bäumchen durch ihre Abgenutztheit aber keine glamouröse Wirkung, sondern verstärken sein melancholisches Aussehen noch. Es ist ein seltsamer Findling – weder dekorierter Weihnachtsbaum noch lebensfähige Pflanze – der die Diskrepanz von Natur und artifizieller Domestizierung umspielt. Der schwedische Titel meint übersetzt „Hör’ die hohen Föhren sausen“ und lädt die Bedeutung der kleinen Tanne ironisch auf, scheint sie doch vom Wind regelrecht zerstört worden zu sein.

Saal 2

In ihrer Audioinstallation hat Hildegard Spielhofer (*1966) 9 KünstlerInnen und KuratorInnen über ihr persönliches Verhältnis zur Kunst befragt. Zusätzlich zu diesem abstrakten Hörraum zeigt Spielhofer ein umgedrehtes Standbild auf einem Plasmascreen, auf dem die Künstlerin im Kopfstand zu sehen ist. Diese sichtlich anstrengende Aktion verleiht den intellektuellen Gesprächen ein Gegengewicht, welches mehr das Physische betont. Trotzdem wird hier auch das „Kopflastige“ akzentuiert – wenn auch auf andere Weise. Die Künstlerin schaltet sich somit selbst ironisch in die Reflexionen über Kunst ein.

Cécile Hummels (1962) Serie *„Reisen“ – zu Sibillas Höhle und anderen wundersamen Orten, 2005 setzt sich thematisch mit der Wahrnehmung von Innen- und Aussenräumen auseinander, die man auf Reisen, aber auch im Alltag hat. Die Bilder von Möbelarrangements oder Zugstationen fangen das Gefühl des Unterwegsseins ein, den steten Wechsel von Perspektiven und das Aufnehmen von verschiedensten Eindrücken. Ähnlich wie unser Sehen im Alltag bestimmt ist durch das Nebeneinander von Bildern und die gleichzeitige Wahrnehmung von Kleinigkeiten, folgen die Zeichnungen und Fotografien in der installativen Hängung keiner Systematik und können wie auf einem Spaziergang mit subjektiver Zeitlichkeit betrachtet werden.

Die Acryl- und Ölbilder von Anita Weis (1971) zeigen reduzierte Bildausschnitte, welche die Motive verdichten und deren Banalität mit Bewegung und Dramatik aufladen, wie wir es von den medialen Bildern kennen. In der zweiteiligen Arbeit *ohne Titel, 2004 beschäftigt sich Weiss vor allem mit der Wirkung des Lichtes auf verschiedene Materialitäten: während sich das ruhige Landschaftsmotiv, mit Acryl auf Aluminium gemalt, je nach Betrachterstandpunkt und Lichteinfall verändert, bleibt das Motiv des singulären, rasanten Blitzphänomens auf der Leinwand statisch – es wird zu einem ruhenden Pol, der das Licht aufsaugt. Zusätzlich wird der unbestehende, schillernde Eindruck des Landschaftsbildes durch seinen unsicheren Standort auf einer Holzleiste betont.

Saal 3

In Karin Videnskys (1968) poetischer Arbeit *“… und auch in dieser Nacht…“, 2005 werden die Besucher eingeladen, sich am Werk interaktiv zu beteiligen. Verschiedenen Motive aus geschliffenem, dünnen Plexiglas hängen an feinen Schnüren im Raum. Mittels Taschenlampen können diese als Schattenbilder auf die Wände geworfen werden. Die Schattenwürfe erscheinen je nach Lichtführung beinahe realistischer als die Motive der planen Plexiglasteile: sie werden vergrössert, verzerrt und können zum Teil eine dramatische Wirkung erhalten. Wie in einem kaleidoskopischen Lichtkasten ergibt sich die Atmosphäre einer immateriellen Innenwelt, wo Gedankenbilder flüchtig aufblitzen, um wieder zu verschwinden.

Gabriella Gerosa (1964) zeigt aus ihrem neusten Zyklus *Ohne Titel, 2005 die dreiteilige Videoprojektion dark II. Die raumhohen Projektionen sind als Triptychon angeordnet und referieren auf mediale Bilder von Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten. Gerosa zeigt uns zeitlich gedehnte Bildausschnitte, die Macht- und Ohnmachtsbeziehungen reflektieren und vorführen. Mitten im Geschehen verharren die Personen in ihrer Position und die Grausamkeit des Geschehens – davor und danach – ist unserer Phantasie überlassen. Gleichzeitig wird die beklemmende Atmosphäre kontrastiert durch die intensive Farbigkeit der Bilder und die beinahe sinnlich wirkende Ästhetik der Szenen.

Saal 4

Wie nach einer barocken Orgie scheint sich in Philippe Siscaros (*1978) Installation einiges neu organisiert zu haben: die Möbel sind umgekippt und zeigen auf den darüber wie zufällig abgeworfenen Textilien Motive mit heiteren Frivolitäten. Das Muster der Tapete nimmt die Formen von Rorschachtests auf, die ebenfalls eine sexualisierte Aufladung erhalten, wenn man beim näheren Hinsehen die kopulierenden Menschenfiguren erkennt. Siscaro beschäftigt sich intensiv mit der Definition von sexueller Identität, ihrer Entstehung und ihren psychologischen Aspekten. Dabei greift er in seinen Arbeiten auch auf homoerotische Motive zurück, die auf Mobiliar und Wände appliziert werden.

Die bestickten Filzstoffbilder von Sandra Rau (*1969) wirken mit ihren Motiven wie einem Comic entnommen: dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Ähnlichkeit auf der narrativen Ebene, als einer die der Oberfläche zugehörig wäre, sondern um diejenigen Elemente, die man nicht sieht – die da hinter dem grossen Busch hocken, und von da aus die Fäden der Geschichte ziehen. Minutiös werden die Möglichkeiten der Technik ausgekostet: dicker Faden, dünner Faden oder Einfärbungen. Es ist zeigt das ganze Drunter und Drüber, welches das Textile zulassen kann. Die Technik von Rau ist jedoch nie beliebig, sondern schält in den Bildern mit feinem Gespür das Heitere von Komposition und Farbe heraus.

Sandra Eades (1949) beschreibt das wesentlichste Merkmal der Fotografie als einen Aufschub des Endes. Bilder werden, indem sie fotografisch festgehalten werden, eingefroren und so der Vergänglichkeit entrissen. Am deutlichsten sichtbar wird dies in der Aufnahme von Spiegelbildern. In der Serie *Vanitas, 2002 arrangiert die Künstlerin Ansichten von Spiegeln die das Bild nie frontal, sondern angeschnitten zeigen, nur eine leichte Ahnung evozierend mit monochromen Farbmalereien und handgeschriebenen Textauszügen. Angeordnet als vier- oder achtteilige Panels verknüpfen sich die unterschiedlichen Detailansichten assoziativ auf verschiedenen Ebenen zu einem losen erzählerischen Ganzen.

Andreas Frick (*1964) zeigt in seinen aktuellen Zeichnungen Berglandschaften, in denen die Grenzen von Figuration und Abstraktion fliessend erscheinen. Fein gezeichnet werden die Motive auf dem weissen Papier zu ephemeren Erscheinungen, in denen die Konturen der Täler, Bergrücken und Erderhebungen gleichzeitig zu Bildtexturen, graphischen Elementen und gewebeartigen Strukturen werden. Diese Wirkung entsteht vor allem durch Fricks Technik, in welcher er auf dem Papier vorgängig spiralförmige Rasterlinien zieht. In dieser Gliederung des Bildgrundes wird nur jeder zweite Zwischenraum mit Bleistift ausgefüllt, so dass das Gezeigte immer in der Zweidimensionalität verhaftet bleibt. Wie wenn ein überdimensionaler Fingerabdruck sich auf dem Bild festgesetzt hätte, ist den Berglandschaften immer eine Art Scheibe vorgelagert, die uns auf Distanz hält und uns unser Sehen vorführt.

Saal 5

Corina Bezzola (*1964) arbeitet seit 2003 mit Klebebändern, die auf die Arbeiten anderer KünstlerInnen im Raum reagieren. So hat Bezzola mehrere Interventionen in Ateliers von Freunden gemacht und mit geometrischen Figuren die Raumsituation erweitert, in dem sie direkt oder indirekt auf die dortigen Arbeiten eingegangen ist. Dabei bleiben aber Bezzolas Eingriffe immer eigenständige künstlerische Arbeiten. In der Kunsthalle Basel verbinden die Klebebänder einerseits die Arbeiten von Matthias Frey und Philippe Siscaro räumlich miteinander und akzentuieren gleichzeitig die Durchgangsituation der letzten beiden Säle.

Beinahe zufällig scheint sich bei der Installation von Matthias Frey (*1953) das unheilvolle Wort „Heil“ aus dickflüssigen Tropfen aus Sanitärporzellan an der Wand zu verfestigen. Wenige Worte sind so Tabu wie das Wort „Heil“, die sogar eingepackt im harmlosen „Petri Heil“ daherkommen können. Wie eine Klette der Geschichte wiederholt es sich in verschiedenen Sprichwörtern und Ausdrücken und ist dabei aufgeladen mit höchst negativen Konnotationen. Weiter arrangiert der Künstler auf Spannplatten „drops and bubbles“ (Tropfen und Blasen), die unkontrolliert aus dem Boden zu wuchern scheinen. Das Material des Sanitärporzellans mit seiner harten, spiegelglatten Oberfläche erscheint in Freys Arbeit durch die organischen Formen und wesenhaften Gebilde weicher, als es tatsächlich ist.

Ruth Bucks (1960) Lackbilder bestechen auf den ersten Blick durch ihre haptische Qualität und durch die Schönheit ihrer Oberfläche. Der Impuls, mit der Hand über die Tafeln gleiten zu wollen, lässt sich kaum unterdrücken. Das Papier ist in mehreren Durchgängen in handelsüblichen Autolack getaucht, wird zu einer schillernden, gebirgigen Landschaft, in der sich die Umwelt spiegelt und in der das Licht gebrochen wird. Die Titel der einzelnen Bilder bezeichnen das, was sie zeigen: den verwendeten Autolack. Titel wie *Huyundai ash green oder BMW Lagunesecauno machen auf humorvolle Art deutlich, welchen hohen ästhetischen Erwartungen Autos heute zu entsprechen haben.

Marga Ebners (1944) Zeichenwerke bestehen aus kleinen Welten von persönlichen Gegenständen, Fotografien und Zeichnungen. Akribisch sammelt die Künstlerin Trouvaillen des Alltages, wie gepresste Blumen, Stoffe oder Zeichnungsnotizen. In der Kunsthalle stellt sie die Serie *Zeichenwerk I, 2004-2005 aus, die fokussiert in Passepartouts Zeichnungen auf transparentem Papier mit grafischen, abstrakten Mustern und Maserungen zeigt. Zum Teil nehmen die Zeichnungen die Bildsprache von Frottage- oder anderen Paustechniken auf. Ebner zeigt ihr Bildarchiv möglichst neutral, und die Serie erhält in dieser Präsentationsform einen beinahe dokumentarischen, wissenschaftlichen Charakter.

Unter dem Titel Diskretes Chaos, 2004-2005 präsentiert Colette Couleau (*1961) eine Serie von China-Tusche-Zeichnungen, die abstrakte Figurationen zeigen. Sie erinnern an biomorphe Strukturen, die wie unter dem Mikroskop betrachtet, aufgeblasen sind. Die einzelnen Formen wiederholen sich nicht, sie bleiben singulär. Durch die komplexe Anordnung der Formen auf der Bildfläche, entsteht eine räumliche Tiefe, die neue Beziehungen der Figuren untereinander sowie die Erfahrung von Distanz und Nähe für den Betrachter bereit hält. Die Sichtbarkeit der zeitintensiven und genauen Arbeitstechnik wird dabei zu einem bildkonstituierenden Element.

Verena Thürkauf (*1955) verbindet in ihren Arbeiten meist Schrift, Raum und Objekt. In der Kunsthalle zeigt Thürkauf in einem Glaskubus die Suppen-Buchstaben „XYZ“. Sätze und Wörter aus der Buchstabensuppe zu bilden, ist eine der frühesten Kindheitserfahrungen in unserer Kultur mit der Schrift, ihren Einzelteilen und ihrer Bedeutungsstruktur. Zugleich ist es auch eine sinnliche und taktile Erfahrung, denn der Buchstabe, das einzelne Zeichen kann abgelöst von seiner Bedeutung immer auch ein Objekt oder eine Chiffre sein, die auf sich selbst verweist. Mit der vielschichtigen Deutungsmacht von Buchstaben spielt Thürkauf, wenn sie die kleinen Lettern – die letzten und wohl am seltensten gebrauchten des lateinischen Alphabets – überhöht in einer klassischen Präsentationsform auf einem purpurnen Plüschkissen zeigt.

Maria Magdalena Z’Graggen (1958) appliziert mittels Spachtel mehrfarbige Streifen auf leuchtend monochrome Farbflächen. Der Titel dieser Serie ist „Loops“ und so wie dieser Anglizismus mehrere Deutungen im Deutschen zulässt, können auch die Loops der Bilder interpretiert werden. Wörtlich dürfen sie als „Schleifen“ oder als „Wiederholungen“ übersetzt werden. Durch die technische Benennung der einzelnen Bilder (z.B. wie *#600705) wird auf eine Katalogisierung der einzelnen Schleifen verwiesen, sei es, dass die Loops inventarisiert werden, einem iterativen Prozess oder dem Repetoire einer zeitgenössischen Musikerin entstammen könnten. In dieser Lesweise könnte „Loop“ angewendet auf die Malerei Z’Graggens als ein flächig begrenztes Klangereignis verstanden werden, das repetitiv wiedergegeben wird.